BGHR: schwerer sexueller Missbrauch von Kindern; Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornographischer Inhalte

BGHR: schwerer sexueller Missbrauch von Kindern; Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornographischer Inhalte; Inbegriffsrüge (Darstellung der Beweiswürdigung im Urteil; Erörterungsbedürftigkeit von eingeführten Beweismitteln); Beweiswürdigung des Tatgerichts (Verstoß gegen Denkgesetze) (BGH 3 StR 112/23 – Urteil vom 16.05.2024 = HRRS 2024 Nr. 989)

1. Der Begriff des „Verbreitens“ in § 176c Abs. 2 StGB ist nicht im engen Sinne des Verbreitungsbegriffs des § 184b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Halbsatz 1 Alternative 1 StGB zu verstehen. Er erfasst vielmehr alle in § 184b Abs. 1 genannten Varianten der Hergabe oder Zugänglichmachung, darunter auch die Drittbesitzverschaffung gemäß § 184b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB.

2. Die bloße Absicht der Herstellung eines kinderpornographischen Inhalts (§ 184b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StGB) genügt dagegen für eine Strafbarkeit nach § 176c Abs. 2 StGB nicht; vielmehr muss zu dieser die weitere Intention einer anschließenden Handlung im Sinne einer der in § 184b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder 2 StGB aufgeführten Verbreitungsvarianten hinzutreten.

3. Mit einer Verfahrensbeschwerde kann geltend gemacht werden, dass eine verlesene beziehungsweise im Selbstleseverfahren in die Hauptverhandlung eingeführte Urkunde nicht, unvollständig oder unrichtig im Urteil gewürdigt worden sei, wenn der Nachweis ohne Rekonstruktion der Hauptverhandlung geführt werden kann. (Bearbeiter)

4. Zwar verlangt § 261 StPO eine umfassende Würdigung der in der Hauptverhandlung erhobenen Beweise. Das Tatgericht ist jedoch nicht gehalten, in den Urteilsgründen auf jedes Vorbringen einzugehen und jeden erhobenen Beweis zu behandeln. Bleibt ein Beweismittel unerwähnt, ist hieraus nicht zu schließen, dass es übersehen worden ist, denn die Darstellung der Beweiswürdigung im Urteil dient nicht dazu, für alle Sachverhaltsfeststellungen einen Beleg zu erbringen oder mitzuteilen, welche Beweise in der Hauptverhandlung erhoben worden sind.

5. Jedoch dürfen die Urteilsgründe Umstände, welche geeignet sind, die Entscheidung zu beeinflussen, nicht stillschweigend übergehen. Entscheidend ist, ob der betreffende Umstand nach der zum Zeitpunkt der Urteilsfindung gegebenen Beweislage erörterungsbedürftig gewesen ist, sich also nach dieser eine Behandlung in den Urteilsgründen aufgedrängt hat.

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