Ihre Browserversion ist veraltet. Wir empfehlen, Ihren Browser auf die neueste Version zu aktualisieren.

Dr. Josef Blenk

Rechtsanwalt

 

Geplante Neuregelung der Ausbildungsduldung zum 01.03.2024:

Der zum 01.01.2020 eingeführte § 60c AufenthG wird in einen neuen § 16g AufenthG überführt. Dieser übernimmt den bisherigen Normtext nahezu wortgleich. Statt in § 19d wird die Anschluss-Aufenthaltserlaubnis nun in § 16g Ab.s 8-10 AufenthG geregelt. Bislang erteilte Ausbildungsduldungen sollen künftig fiktiv als Aufenthaltserlaubnisse forgelten (§ 104 Abs. 15 AufenthG). 

 

Die Neuregelung führt nach dem Gesetzestext allerdings zu zahlreichen ungelösten Rechtsfragen. So wird der Zugang zur Ausbildungsduldung gem. § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG künftig davon abhängen, dass der Lebensunterhalt gesichert ist, was bei schulischen Ausbildungen ohne Ausbildungsvergütung zu Problem führen wird. Ebenfalls wird die grundsätzliche Passpflicht im Gegensatz zur bisherigen Regelung eingeführt. Eine Verschärfung der Erteilungsvoraussetzungen droht auch bei dem sog. Ausweisungsinteresse. Zudem ist unklar, ob bisherige Duldungen gem. § 60c AufenthG als Titel nach § 16g AufenthG fortlegten, wenn die weitergehenden Voraussetzungen nach § 16g AufenthG n.F. nicht vorliegen. 

 

 

Zur Asylantragstellung vor dem Haftrichter

Das Landgericht Ingolstadt hat in seinem Beschluss vom 24.04.2023 - 22 T 119/23 die Rechtsprechung des EuGH vom 25.06.2020 - C-36/2ß PPU Rn. 83 und 94 aufgegriffen und eine Pflicht zur Registrierung des Asylantrages innerhalb von 6 Tagen konstatiert, sobald vor dem Haftrichter Asyl beantragt wird. Folge: auch wenn der Asylantrag vom Haftrichter nicht oder nicht sofort an das Bamf weitergeleitet wird, beginnt die Frist des § 14 Abs. 3 S. 3 AsylG zu laufen. 

 

 

Kein genereller Flüchtlingsschutz für syrische Wehrdienstentzieher

Das Bundesverwaltungsgericht betont, dass es nicht genüge, die Voraussetzungen des Flüchtlingsschutzes auf einer diffusen Tatsachengrundlage und unter Unterschreitung des Regelbeweismaßes der vollen richterlichen Überzeugungsgewissheit zu bejahen und lehnt daher eine generelle Zuerkennung des Flüchtlingsstatus für syrische Wehrdienstverweigerer infolge der Rechtsprechung des EuGH ab, vgl. BVerwG, Urteil vom 19.01.2023 - 1 C 1.22

 

 

Hinweispflicht auf Recht auf anwaltlichen Beistand in Abschiebehaftsachen

Wünschen Betroffene in Abschiebehaftsachen eine anwaltliche Vertretung, muss das Verfahren so gestaltet werden, dass dies ermöglicht werde. Klärt das Amtsgericht über das Recht, sich von einem Bevollmächtigten eigener Wahl vertreten zu lassen, nicht auf, ist die Haftanordnung wegen Verstoßes gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens rechtswidrig, vgl. LG Itzehoe, Beschluss vom 29.11.2022 - 4 T 189/22.

 

 

JVA Eichstätt kein zulässiger Haftort

In einer Entscheidung des LG Coburg vom 07.11.2022 - 41 T 25/21 wurde der Vollzug von Abschiebungshaft in der JVA Eichstätt (Bayern) als rechtswidrig eingestuft. Die Ausführungen könnten in gleichem Maße auch für die bayerischen Abschiebehaftanstalten in Hof und Erding gelten. Die Entwicklung der Rechtslage muss diesbezüglich abgewartet werden. 

 

 

EuGH zum Ablauf der Überstellungsfrist bei Weiterwanderung

Leitet der zweite Mitgliedstaat ein Aufnahme- oder Wiederaufnahmeverfahren mit dem ersten Mitgliedstaat ein und stellt die betroffene Person während des Laufs dieses Verfahrens einen Asylantrag in einem dritten Mitgliedstaat, der seinerseits ein Aufnahme- oder Wiederaufnahmeverfahren einleitet, und läuft während dieses zweiten Verfahrens die Überstellungsfrist des ersten Verfahrens ab, so darf der ersuchte Mitgliedstaat auch dem dritten Mitgliedstaat gegenüber die Rückübernahme verweigern. Der Staat, der das zweite Dublin-Verfahren eingeleitet hat, darf aber ein Wiederaufnahmeersuchen an denjenigen Staat richten, der das erste Dublin-Verfahren eingeleitet hat. Vgl. hierzu EuGH, Urteil vom 12.01.2023, C-323/21, C-324/21, C-325/21

 

 

Afghanistan: Abschiebeverbot nach dem Machtwechsel in Afghanistan

Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Würtemberg hat mit Urteil vom 22. Februar 2023 - A 11 S 1329/20 die Bundesrepublik Deutschland verpflichtet festzustellen, dass ein junger, alleinstehender und erwerbsfähiger Afghane (Kläger) nicht nach Afghanistan abgeschoben werden darf. Dagegen hat er dessen Klage auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder subsidiären Schutzes abgewiesen. Es handelt sich um das erste Urteil des VGH nach dem Machtwechsel in Afghanistan und daher um eine Grundsatzentscheidung.

 

 

Dublin-Überstellung nach Ungarn

Das VG München hat im Eilrechtsschutz festgestellt, dass bei einer Dublin-Überstellung nach Ungarn dem Ausländer mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht, vgl. VG München - Beschluss vom 06.02.2023 - M 19 E 23.50094.

 

 

Reiseausweis für eritreische Staatsangehörige

Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass die Passbeschaffung für eritreische Staatsangehörige grundsätzlich unzumutbar ist, wenn eine sog. Reueerklärung abgegeben werden muss, vgl. BVerwG, Urteil vom 11.10.2022 - 1 C 9.21. Dadurch bestehen für eritreische Staatsangehörige nunmehr bessere Chancen auf die Erteilung eines sog. Reiseausweises. 

 

 

Änderungen im Asylverfahrensrecht (Stand: 02.12.2022)

Der Bundestag hat am 02.12.2022 Änderungen des Asylgesetzes beschlossen, welche zur Beschleunigung der Asylklageverfahren führen und damit die Verwaltungsgerichtsbarkeit entlasten sollen. Hierzu gehört insbesondere eine Regelung zur Erleichterung von asylgerichtlichen Entscheidungen im schriftlichen Verfahren. Durch eine Lockerung des Zurückverweisungsverbots kann zudem die Lastenverteilung zwischen Verwaltungsgerichten und Oberverwaltungsgerichten besser gesteuert werden.

Ferner soll einer Verzögerung von Verfahren durch missbräuchliche Befangenheitsanträge entgegengewirkt werden. Durch die Einführung einer gesetzlich angeordneten Klageänderung sollen die Asylverfahren schneller abschließend entschieden werden. Vorgesehen ist darüber hinaus die Einführung einer behördenunabhängigen Asylverfahrensberatung, die die „Effizienz von Asylverfahren durch gut informierte Asylsuchende erhöhen und die Qualität der behördlichen Entscheidungen verbessern“ soll. Zugleich soll die Akzeptanz der Asylentscheidungen durch den behördenunabhängigen Charakter der Asylverfahrensberatung gesteigert werden.

Zudem wurden die Regelüberprüfung von Asylbescheiden gestrichen, sodass Widerrufs- und Rücknahmeverfahren zukünftig nur noch anlassbezogen erfolgen, um dadurch die Kapazitäten des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf) besser zu nutzen. Entlastet werden soll das Bamf auch mit der „Schaffung von Möglichkeiten, die das Asylverfahren erleichtern und das Asylrecht in der Rechtspraxis vereinfachen“.

 

 

Neufassung der §§ 25a und 25b AufenthG

Ferner sieht das am 02.12.2022 beschlossene Gesetzespaket vor, bestehende Bleiberechtsregelungen so anzupassen, dass mehr Menschen davon profitieren können. Danach sollen gut integrierte Jugendliche und junge Volljährige nach drei Jahren Aufenthalt in Deutschland sowie bis zum 27. Lebensjahr die Möglichkeit für ein Bleiberecht bekommen. Besondere Integrationsleistungen von Geduldeten sollen gewürdigt werden, indem ihnen künftig nach sechs Jahren – oder schon nach vier Jahren bei Zusammenleben mit minderjährigen Kindern – ein Bleiberecht eröffnet wird. Die Voraufenthaltszeiten werden damit um jeweils zwei Jahre reduziert.

 

 

Das neue Chancen-Aufenthaltsrecht gem. §104c AufenthG n.F.

Nach der am 02.12.2022 verabschiedeten Neuregelung sollen das sog. 18-monatige Chancen-Aufenthaltsrecht Menschen erhalten, die am 31. Oktober 2022 seit fünf Jahren geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis in Deutschland gelebt haben. Ihnen soll damit ermöglicht werden, die Voraussetzungen für ein Bleiberecht, insbesondere nach den ebenfalls neu gefassten §§ 25a und 25b AufentG, in Deutschland zu erfüllen. Dazu zählen u.a. die Sicherung des Lebensunterhalts, Kenntnisse der deutschen Sprache und der Identitätsnachweis.

Profitieren sollen davon nur Ausländer, die sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung bekennen. Straftäter sollen vom Chancen-Aufenthaltsrecht grundsätzlich ausgeschlossen bleiben, ebenso Personen, die ihre Abschiebung aufgrund von wiederholten, vorsätzlichen und eigenen Falschangaben oder aktiver Identitätstäuschung verhindern. Sofern die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach der 18-monatigen Aufenthaltsdauer nicht erfüllt sind, sollen die Betroffenen in den Status der Duldung zurückfallen.

 

 

Überstellungsfrist trotz Corona-Pandemie angelaufen

Die sechsmonatige Überstellungsfrist von Asylbewerbern an den zuständigen Mitgliedsstaat gem. Dublin-III-Verordnung wird nicht unterbrochen, wenn die Durchführung der Überstellung aufgrund der Corona-Pandemie ausgesetzt wird, vgl. EuGH, Urteil vom 22.09.2022 - C-245/21 und C-248/21)

 

 

Afghanistan:  Verfolgung Homosexueller

In seinem Urteil vom 07.09.2022 – 18 K 7009/20.A hat das VG Düsseldorf festgestellt, dass Homosexuellen in Afghanistan sowohl aufgrund kodifizierten Rechts des Ghani / Karsai-Regimes, welches unverändert fortgilt, als auch auf Grundlage der Scharia eine Verfolgung durch die Taliban und ebenso durch Private droht. 

 

 

Flüchtlingsschutz für ehemaligen Angehörigen der afghanischen Armee

Obwohl die aktive Zeit des Klägers in der afghanischen Nationalarmee bereits 2013 geendet hat, sprach das VG Cottbus in seinem Urteil vom 31.08.2022 – VG 2 K 997/17.A einem Afghanen den Flüchtlingsstatus zu, weil der Mitteilung der Taliban, von Vergeltungsmaßnahmen gegen ehemalige Angehörige der Sicherheitskräfte abzusehen, nicht zu trauen sei. 

 

 

Dublin-Überstellungen nach Kroatien

Mit Entscheidung vom 26.07.2022 – A 1 K 1805/22 hat das VG Freiburg festgestellt, dass der Kläger im Falle der Überstellung nach Kroation dort sein Recht auf Asylantragstellung nicht sicher durchsetzen könne und daher im einstweiligen Rechtsschutz die aufschiebende Wirkung einer Klage gegen eine Abschiebungsandrohung nach Kroatien angeordnet. 

 

 

Feststellung eines Abschiebeverbotes für den Irak

Das VG Regensburg hat mit Urteil vom 23.11.2021 - RN 13 K 21.30571 entschieden, dass die aktuelle Situation im Irak bei Hinzutreten individueller Besonderheiten die Feststellung eines Abschiebeverbotes gebietet (vorliegend Vater einer siebenköpfigen Familie).

 

 

Flüchtlingsanerkennung für Lehrerin aus Afghanistan

Eine Frau, welche in Afghanistan studierte und sodann als Lehrerin in einer Frauenrechtsorganisation arbeitete, droht nach Auffassung des VG Hamburg (Urteil vom 02.05.2022 - 4 A 3475/20) mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine geschlechtsspezifische Verfolgung. 

 

 

Identitätsklärung bei Einbürgerungen

Die erforderlichen Nachweise zur Identitätsklärung können sich nach einer Entscheidung des VG Mainz vom 25.03.2022 - 4 K 476/21.MZ bei Fehlen amtlicher Ausweisdokumente im Einzelfall auch aus Erklärungen und Identitätsunterlagen von Familienangehörigen im Ausland ergeben. 

 

 

Dublin-Überstellung nach Ungarn

Das VG Würzburg hat in seiner Entscheidung vom 06.05.2022 – W 1 K 22.50132 entschieden, dass bei einer Rückkehr nach Ungarn mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht und daher einen Dublin-Bescheid nicht nur im Eilverfahren, sondern auch im Hauptsacheverfahren aufgehoben. Das Gericht führt damit die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes zu systemischen Mängeln in Ungarn fort. 

 

 

Somalia: Verfolgung Homosexueller

Das VG Aachen hat mit Entscheidung vom 24.01.2022 – 7 K 2894/20.A einem homosexuellen Somalier Flüchtlingsschutz erkannt, da im Falle der Entdeckung durch Dritte mit Ächtung und Auspeitschung oder im Einflussbereich der al-Shabaab sogar mit Tötung zu rechnen sei und zudem Homosexulle Handlungen in Somalia mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren bedroht sei. 

 

 

Keine Haftandordnung ohne vollständige Vorlage der Ausländerakte

Nach einer Entscheidung des Landgerichts Landshut vom 21.04.2021 - 63 T 174/21 ist die gesamte Inhaftierung im Rahmen einer Abschiebungshaftanordnung, wenn vom Haftgericht nicht die vollständige Ausländerakte beigezogen worden ist. 

 

Cookie-Regelung

Diese Website verwendet Cookies, zum Speichern von Informationen auf Ihrem Computer.

Stimmen Sie dem zu?